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Rindfleischtheologie


By Geier - Posted on 12 Mai 2012

12. Mai 2012

 

Man soll ja von einem Ochsen nicht mehr als Rindfleisch erwarten. Und man soll von einer Landeskirche nicht mehr als … nun ja, ich will nun nicht zu solch starken Worten wie »Bullshit« greifen, auch wenn ich mit Paulos ein honoriges Vorbild für solche Wortwahl geltend machen könnte … aber doch scheint es wohl vermessen, kirchlicherseits die geistlich saubere Beurteilung eines alltäglichen Sachverhaltes zu erwarten, und wenn es auch nur ein ganz kleiner, provinzieller, unbedeutender wäre; von einer Landeskirche wie der sächsischen zumal, die sich gerade für den bahnbrechenden, kirchenspaltungsabwendenden und versöhnungsstiftenden Kompromiß gefeiert hat, daß künftig zwar PfarrerInnen mit ihren homosexuellen GespielInnen die PfarrhäuserInnen bevölkern dürfen, aber zum Ausgleich beschlossen wurde, daß Ehe und Familie ja irgendwie auch ganz nett sind und nach wie vor eine gewisse (ja sogar biblische!) Berechtigung hätten. Ich soll mich nicht so aufregen? Der Blutdruck? Paßt schon; der meine ist von Natur aus so niedrig, daß ein moderater Anstieg nicht viel Schaden macht.

Worum es geht? Unbekannte haben auf dem Friedhof des sächsischen Pausa einer sogenannten »Christus«-Statue den Kopf abgeschagen. Der Ortspfarrer wurde von der Regionalpresse mit den Worten citiert: »Das ist großer Frevel, diese Tat macht uns traurig.« Nun ist es sicher nicht nett, anderen Leuten den Grabschmuck zu zerschlagen. Es ist andererseits aber auch nicht nett, Bushaltestellen zu demolieren oder Fensterscheiben einzuschlagen, doch offensichtlich schweigt in solchen Fällen die sächsische Kirche. Warum kann sie hier nicht ebenso schweigen? Die Sache scheint ein übler Streich betrunkener Jugendlicher gewesen zu sein, jedenfalls scheint es unwahrscheinlich, daß ein Ikonoklast aus wohlerwogenen theologischen Beweggründen heraus das Standbild gestürzt haben könnte. Und doch drängt sich die Frage auf: Sollte ein evangelischer Theologe nicht wenigstens ein bißchen Gespür dafür haben, daß der eigentliche Frevel in dem Verfertigen und Aufstellen solch lästerlicher Statuen besteht?

Nun ist, wer die Mühlen des Leipziger theologischen Seminars durchlaufen hat, des biblischen Fundamentalismus sicherlich von Vornherein ganz unverdächtig, aber ist denn nicht wenigstens ein ganz klein wenig klammheimliche Erleichterung darüber drin, daß Gott in seiner Souveränität auch mal einen besoffenen Jugendlichen gebrauchen kann, wenn es dem Land schon an einem König vom Format des Hiskijah gebricht? Und wenn auch das zuviel verlangt ist, wäre es dann nicht denkbar, das Kommentieren von Vandalismusfällen einfach der Polizei zu überlassen und sich selbst in der schönen Kunst des Schweigens zu üben, und sei es nur, um zu vermeiden, daß unbedarfte Zeitungsleser die Verteidigung solch antichristlicher[G] Statuen für ein irgendwie »christliches« Anliegen halten? Oder ist es, falls selbst das zu viel verlangt ist, dann nicht besser, wenigstens so ehrlich zu sein, gleich katholisch oder orthodox zu werden und mit der Bildwerksapologetik ganze Sache zu machen?

 

 

Siehe zum Bilderwahn auch Geiernotizen »Bild des Unsichtbaren«

und »Nechustan — Kreuz oder Pfahl?«

 

 

 

 

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