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gemäß Fleisch


By Geier - Posted on 17 April 2010

17. April 2010 

 

 

Die Hoteliers sind zufrieden, und nicht nur diese. Es ist ein Bombengeschäft. Turin ist ausgebucht. Erstmals seit zehn Jahren wird das sogenannte »Turiner Grabtuch« wieder öffentlich für wenige Wochen ausgestellt, und Katholiken aus der ganzen Welt strömen nach Turin, um sich diese Reliquie, von der behauptet wird, sie sei das »Grabtuch Christi«, anzusehen. Man könnte Seite um Seite füllen, wenn man sich an der Debatte um die Echtheit dieses Tuches beteiligen wollte. Verschiedene Untersuchungen, darunter drei Radiokohlenstoffdatierungen (C14), haben das Tuch längst als mittelalterliche Fälschung entlarvt, die sich auch heute reproduzieren läßt, aber natürlich gilt dies einem wahren Tuchverehrer nichts; er wird immer Argumente finden, warum diese Untersuchungen fehlerhaft sein müßten.

Und schließlich hat ja auch der Papst die Ausstellung genehmigt und kommt selbst auf einen Besuch in Turin vorbei, da kann man schon mal darüber hinwegsehen, daß das auf dem Tuch abgebildete Gesicht viel zu schmal ist, um auf natürlichem Wege entstanden zu sein. Denn es hat nur die Proportionen einer zweidimensionalen Darstellung — ganz so, wie sie eben gemalte Bilder haben. Wäre es aber, wie behauptet wird, enstanden, indem ein Tuch einen Kopf abbildet, um den es sich herumlegt, sollte das so entstandene Abbild etwa doppelt so breit sein, weil es ja die seitliche Dimension mit abbilden müßte.

Davon abgesehen: Wesentlicher als die naturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit Götzendienst im allgemeinen und dem Grabtuch im besonderen ist ohnehin die geistliche. Und da zeigt sich das Grabtuch auf den ersten Blick als typisches Requisit katholischen Heidentums. Auf den zweiten Blick sieht die Sache noch schlimmer aus: Das Festhalten vieler Katholiken an der Fiktion der Echtheit dieses Tuches rührt daher, daß dieses Stück Stoff in der Theologie des reliquaren Götzendienstes eine absolute Sonderstellung einnimmt. Da die Reliquienverehrung schon immer mehr oder weniger umstritten war, wird das Tuch von deren Verfechtern nämlich zur Rechtfertigung herangezogen, indem behauptet wird, daß Christus, indem er sich sozusagen selbst auf dem Tuch abgebildet habe, persönlich die erste Reliquie »erschaffen« und damit faktisch die Genehmigung zu solchem Götzendienst erteilt habe. Damit wird das Tuch zur Erzreliquie — zur ideologischen Mutter aller anderen Reliquien. Wenn man der Entfaltung dieses Gedankenganges zusieht, kann man nur staunen über soviel lästerlichen Unfug und die abstrusen Wirrungen, die ein vom Götzendienst verblendetes Hirn vollzieht, um die eigene Verfehlung zu rechtfertigen. Man wird an 2. Thess. 2, 10f erinnert, wo beschrieben ist, daß Gott denjenigen wirksame Irrtümer sendet, damit sie Fälschungen glauben, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben. Gemäß Torah wurde man durch die Berührung eines Toten unrein. Schon der Gedanke, daß ausgerechnet Jesus ein Grabtuch von einem unreinen Gegenstand zu einem heiligen Gegenstand umgewidmet haben soll, um einen Kult um Leichenteile zu installieren — und das sind Reliquien ja hauptsächlich — ist an Verdrehtheit schwer zu überbieten. Denn solcher Totenkult ist typisch für die heidnischen Völker der Antike und dem jüdischen, von der Torah geprägten Denken schlicht ein Greuel.

Paulos erinnert die Korinther,

… daß wir von dem Nun an nicht einen dem Fleisch gemäß wahrnehmen; selbst wenn wir auch Christos gemäß Fleisch kennengelernt haben, kennen wir jedoch nun nicht mehr so.

2. Kor. 5, 16

Das Grabtuch ist der verzweifelte Versuch, Christos eben doch — entgegen dem Wort Gottes — gemäß Fleisch kennen zu wollen. Im Artikel »Nechustan — Kreuz oder Pfahl?« hatte ich dazu geschrieben:

Die Schrift belehrt uns, daß der Glaube[G] aus dem Hören kommt, nicht aus dem Sehen: »Demnach ist der Glaube aus dem Hören, das Hören aber aus dem Reden des Christos.« (Röm. 10, 17) Dieses Reden ist die einzige Glaubensgrundlage, die dem Christen gegeben ist. Hierdurch gerade unterscheidet sich ja Christentum von den Religionen. Dies aber ist dem menschlichen Wesen zuwider, das sich lieber greifbarere Zeichen vor Augen halten möchte als die Zusagen eines (obendrein unsichtbaren) Gottes. So gibt es immer wieder Versuche, dem Wort Gottes ergänzend beizuspringen — durch Symbole, kultische Handlungen, festgeschriebene Liturgien, Bilder, repräsentative Gebäude, Altäre und sonstige Hilfsmittelchen, um der Seele etwas sichtbare Identifikation anzubieten.

Der lebende, auferstandene, geistliche Christos kann aber vom ungeistlichen Menschen nicht wahrgenommen werden:

Aber der seelische Mensch, nicht empfängt er die (Dinge) des Geistes des Gottes; denn Torheit sind sie ihm, und nicht vermag er sie zu erkennen, da geistlich beurteilt wird.

1. Kor. 2, 14.

Damit stellt sich das Tuch nicht nur als historische Fälschung dar, sondern in erster Linie als geistliche Lüge. Denen, die geistlich tot sind, weil sie in Götzendienst gefangen sind und die den Christos deshalb nicht wahrnehmen können, will das Tuch eine Brücke bauen, doch noch zu einem Christos zu kommen — und wird somit zu einem falschen Messias, einem Anstatt-Christos[G].

 

 

Siehe zum Thema auch:

Wie man ein heiliges Grabtuch fälscht

Madonna mit Männerblut

Das Blutwunder von Neapel

 

 

 


Bild: Verehrung des Grabtuches

Creative Comons Lizenz, Urheber Paul Munhoven via Wikipedia

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