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Was für ein Glas!


By Geier - Posted on 23 Februar 2010

23. Februar 2010

 

Wie die F.A.Z. berichtet, hat die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, letztens in einem Interview geäußert, sie träume bereits davon, sich eines Tages wieder mehr ins Private zurückzuziehen. Zielstrebig, wie sie nun einmal ist, arbeitet sie auch bereits an der Erfüllung dieses Traumes. 

Am Wochenende wurde sie von der Polizei in Hannover erwischt, wie sie betrunken mit ihrem Phaeton eine rote Ampel überfuhr. Nun hat diese Frau ja in ihrem Leben schon so viele (geistliche) Stopschilder überfahren, daß eine rote Ampel wohl nur eine Frage der Zeit war. 

Nachdem die Polizisten sie mit 1,54 Promille im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit angehalten hatten, soll sie zur Entschuldigung vorgebracht haben, daß sie ja »nur ein Glas getrunken« habe. Dieses Glas gibt mir ernsthaft zu denken. Um sich in einen solchen Zustand zu trinken, müßte das Glas (wenn man mal von Wein ausgeht) gigantische Ausmaße gehabt haben, also beinahe ein Literglas. Auf eine handelsübliche Glasgröße käme sie eigentlich nur, wenn sie Primasprit* getrunken hätte. Das wäre dann allerdings auch wieder ein Grund zu ernster Besorgnis. Von russischen Kampftrinkern habe ich so etwas schon gehört, die sterben dann allerdings auch nicht an Leberzirrhose, sondern an einem Speiseröhrendurchbruch, auch bekommt man das Zeug nicht lebend runter, ohne außerordentlich gut in Übung zu sein.

Falls sie sich aber doch in der Zahl der Gläser vertan haben sollte, stellt sich die (zwar nicht strafrechtlich, aber moraltheologisch) interessante Frage, ob der Grad der Alkoholisierung nun als mildernder Umstand für die Lüge gelten kann oder ob es umgekehrt als verschärfend gelten muß, im Suffe auch noch zu lügen. Oder haben wir Frau Käßmann alle unterschätzt, und aufgrund bischöflicher Salbung war auf einmal unerwartet Wein in der Wasserkaraffe? Ich denke nicht.

Witzig jedenfalls, was ihr College Schorlemmer zum Thema zu sagen hat. Der Leipziger Volkszeitung vertraut er an, daß Frau Käßmann in ihrem Amt unter einer enormen Spannung stehe, die sich mit Alkohol abbauen lasse. Aha. Alkohol ist also doch eine theologisch korrekte Lösung für Probleme? Eine wahrhaft pastorale, seelsorgerlich reife Sicht auf die Dinge: »Du bist überarbeitet oder fühlst Dich überfordert? Greif zur Flasche, Schwester!« Ich bezweifle ja, daß Paulos, als er Timotheos riet, wegen seines Magens nicht nur Wasser, sondern auch ein wenig Wein zu trinken, die Hälfte einer letalen Dosis meinte, mit der wir es bei 1,54 Promille immerhin in etwa zu tun haben.

Wie auch immer: Wenn die Staatsanwaltschaft die Akte schließt, wird Frau Käßmann vorbestraft sein. Mangelnde Volksnähe kann man der EKD jedenfalls nicht vorwerfen mit einer geschiedenen »Bischöfin« und Ratsvorsitzenden, die im Suff über eine rote Ampel brettert und dann den Polizisten Geschichten erzählt. Sie scheint fest in der Mitte der Gesellschaft verwurzelt zu sein, und am Ende wäre es nicht erstaunlich, wenn ihr diese Geschichte noch einige Popularität einbrächte.

 

Nachtrag 13. 2. 11: Fast genau ein Jahr ist diese Geiernotiz nun alt. Und wenn ich damals in meinem Schlußsatz vermutet hatte, daß diese ganze Sache — so, wie diese Gesellschaft nun einmal gestrickt ist — Frau Käßmann am Ende gar noch wachsende Popularität einbringen könne, so hat sich diese Vermutung in der Zwischenzeit ja durchaus bestätigt. Die schönste Satire ist aber immer noch Realsatire: Tatsächlich soll Frau Käßmann für diese Affaire nun mit dem »Europäischen Kulturpreis für Zivilcourage« (sic!) geehrt werden — weil sie zwar andere wider besseres Wissen** in Lebensgefahr gebracht hat und hernach geleugnet und gelogen, am Ende, als es nicht mehr anders ging, aber doch klein beigegeben hat und zurückgetreten ist. Hätte sich das ein Drehbuchautor ausgedacht, würde jeder sagen: Jetzt hat er es aber wirklich übertrieben. Es gibt halt Geschichten, die sind so absurd, die kann man sich gar nicht ausdenken. Die geschehen einfach.

 

 

 

* 92,5prozentiger Alkohol

  

 **Noch 2007 hatte sie in einem Interviev mit dem TÜV Nord gesagt:

Manche Leute fahren wirklich, als hätten sie überhaupt nicht im Blick, welche Kraft in einem Auto steckt. Schon bei Tempo 50. Also wie lebenszerstörend ein Auto wirken kann. Viele sind sich nicht bewußt, daß sie mit einer Kraft umgehen, die sie gar nicht so beherrschen können. Ich bin als Pastorin oft mit Tod, Krankheit und Behinderung konfrontiert. Da kann ich über das riskante Gedrängel auf der Autobahn immer nur noch mehr den Kopf schütteln.  …  Es gibt zum Teil schon ein mangelndes Verantwortungsbewußtsein, insbesondere wenn Alkohol oder Drogen mit im Spiel sind. … Das kann ich nicht nachvollziehen. Ich sehe ja, was das bedeutet. Bei den zig tausend Kilometern, die ich jedes Jahr dienstlich fahre, stehe ich nicht nur viel im Stau, sondern sehe auch viele Unfälle und bekomme dementsprechend mit, wie zerfetzte Autos aussehen. 

 

 

 

 

 

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